<143> den stets neu auftauchenden Verlegenheiten zu befreien. Um die Absichten der Verbündeten zu ergründen, sandte der König den jungen Grafen Finck1 an den König von England unter dem Vorwande, ihn zu seinem Siege zu beglückwünschen, in Wahrheit jedoch, um auf Lord Carteret ein Auge zu haben und etwaigen Unterhandlungen im Lager auf die Spur zu kommen. Prinz Wilhelm von Hessen, des Königs von Schweden Bruder, war den Interessen des Kaisers gewogen. Man benutzte ihn, um Lord Carteret einige Vergleichsvorschläge zur Aussöhnung zwischen Bayern und Österreich zu machen. Aber der Lord war nicht verschlagen genug, um seine innersten Gedanken zu verhehlen. Man merkte, daß er von einem Vergleich nichts wissen wollte, daß sein Herr den Krieg wünschte, daß die Königin von Ungarn für ihren Gatten den Kaiserthron verlangte und daß es beide gleichermaßen auf den Untergang Bayerns abgesehen hatten. Der König von England gab bald seine Rolle als Schirmherr des Reiches auf. Eine erborgte Rolle ist stets schwer zu Ende zu spielen. Nur wenn man sich gibt, wie man ist, fühlt man sich wohl. Hochmütig verwarf er die Entschädigungsansprüche verschiedener Fürsten für den Schaden, den seine Truppen in ihren Ländern angerichtet; ja, er wollte ihnen nicht einmal die von ihnen gelieferten Lebensmittel und die Fourage vergüten. In einer Denkschrift, die er drucken ließ, um die Ablehnung aller Entschädigungen zu begründen, gebrauchte er einen sonderbaren Ausdruck. Er sagte nämlich: „Es wäre das wenigste, was die Reichsfürsten tun könnten, wenn sie das Heer ihres Befreiers und Erretters freihielten, aber er wolle darauf bedacht sein, sie nach Maßgabe ihres Verhaltens gegen ihn zu bezahlen.“ Dieser Hochmut machte ihn vollends verhaßt. Gebieterischer kann sich der größte Despot nicht ausdrücken. Der König handelte aus Eigennutz; Carteret war heftig, und solche Charaktere bedienen sich nur selten gemäßigter Ausdrücke.

Während dies alles am Maine geschah, verfolgte der Prinz von Lothringen die Franzosen bis an den Rhein. Während sein Heer in drei Kolonnen gegen die elsässische Grenze vorrückte, begab er sich mit dem Feldmarschall Khevenhüller zur englischen Armee, was um so leichter war, als Noailles bei Oppenheim über den Rhein zurückgegangen war. Der König von England wollte einen gemeinsamen Operationsplan für die Bewegungen beider Armeen entwerfen, dessen Ziel die Wiedereroberung Lothringens war. Zu diesem Zweck sollte König Georg bei Mainz über den Rhein gehen und durch einen direkten Vorstoß gegen das Elsaß es dem Prinzen Karl erleichtern, den Rhein bei Basel zu überschreiten, Lothringen zurückzuerobern und schließlich mit den siegreichen Truppen Winterquartiere teils in Burgund, teils in der Champagne zu beziehen. Der Plan war weitausschauend, aber die Ausführung entsprach seiner Größe schlecht. Der König von England, der keinen Gegner vor sich sah, ging bei Mainz über den Rhein und rückte bis Worms vor. Prinz Karl von Lothringen


1 Karl Wilhelm Graf Finck von Finckenstein, der Sohn des Grafen Albrecht Konrad, des Erziehers König Friedrichs, bisher preußischer Gesandter in Kopenhagen, seit 1749 Kabinettsminister.